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Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass meine Ansicht über das Sterben und den Tod viele Menschen da draussen irritiert und zu einem Kopfschütteln bewegt. Gedanken wie: « Wie kann die nur so etwas schreiben; hab keine Angst vor dem Tod.» Wenn ein Kind stirbt, dann ist das ja wohl sehr tragisch.

 

Ich stimme euch da völlig zu. Meine Gedanken scheinen in solchen Situationen unangepasst und unverständlich. Lasst mich euch hier etwas erzählen.

 

Als ich 6 Jahre alt war, im Kindergarten, verlor ich meinen gleichaltrigen besten Freund Ivo. Er war spät dran und rannte frühmorgens zum Bus, welcher ihn in den Kindergarten bringen sollte. Dabei übersah er den Traktor und dieser überrollte ihn. Ivo starb.

 

Den Moment, als die Mutter von Ivo an die Kindergartentüre klopfte, hereintrat und mit meiner Kindergärtnerin sprach, habe ich heute noch bildlich vor Augen. Meine über alles geliebte Kindergärtnerin begann herzzerreissend zu weinen. Irgendwann als sie sich erholt hatte, drehte sie sich zu uns um und teilte mit bebender Stimme mit, dass Ivo verstorben ist.

 

Ich, 6 Jahre alt, stand in diesem Kindergartenraum und war gedankenlos. Ich stand da und schaute nur. Mich überkam keine Traurigkeit, keine Verlustgefühle und keine Ängste. Ich fühlte ihn immer noch bei mir. Er war immer noch da. ( Anmerkung; als Kind ist das ICH/EGO noch nicht so entwickelt wie bei Erwachsenen. Spirituell Suchende üben wieder in diesen Zustand der ICH-losigkeit zu kommen).

 

Nach der Beerdigung besuchte ich über 10 Jahre lang sein Grab. Meistens sonntags nach dem Gottesdienst. Dabei erzählte ich Ivo an seinem Grab meistens die neusten Ereignisse, lachte dabei mit seiner Seele und fühlte mich mit ihm in diesen Momenten sehr verbunden. Er war noch da, einfach in einer anderen Form.

 

So sehe ich es, wenn eine Kinderseele diese Welt verlässt. Wir vergessen in unserem Alltag, dass nichts selbstverständlich ist. Wir vergessen oder sind uns nicht bewusst, dass nicht unser ICH/EGO alleine über das Leben bestimmt. Das ICH/EGO bestimmt gar nichts. Es ist ein Konstrukt unserer Gedanken und gibt uns als Seele eine menschliche Identität und hält die Illusion aufrecht, dass wir unsere Gedanken sind. Beim Tod eines Kindes verlieren wir als Erwachsene unsere Identität die durch das Kind entstanden ist. Beim Tod eines geliebten Kindes stirbst du als Vater oder Mutter mit. Deine Identität stirbt in diesem Moment. Die Kinderseele lebt immer weiter. Jedoch in einer anderen Form.

 

Der Verstand beziehungsweise unsere Gedanken suchen nach Schuld, nach Gründen weshalb dies passieren konnte. Sucht nach Fehlern. Dies alles gibt es in der Welt der Seele nicht. Es gibt keine Schuld, wenn ein Kind verstirbt. Nicht das EGO/ICH bestimmt den Moment des Todes eines irdischen Lebens. Sondern das Leben selbst.

 

Wir sind auf dieser Welt Körper, Geist und Seele. Wenn wir diese irdische Welt verlassen dann verändern wir uns wieder in unser wirkliches Sein.

 

Der Kinderseele geht es gut. Dem Menschen der seine Identität durch den Verlust und Tod eines geliebten Menschen erlebt, geht durch eine tiefgreifende Lebensveränderung. Nichts ist mehr so wie es einst war und wird es nie mehr sein.

 

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns täglich des Todes bewusst sind. Er kann jeden Moment an deine Seelentüre klopfen. Dann bleibt dir nur die Frage; bin ich gerade jetzt mit allem in Frieden? Bin ich dem Leben dankbar? Lasse ich die Liebe und den Frieden in mein Herz oder bin ich ständig im Kampf mit meinem Umfeld?

 

Autorin Tanja Eberle

09.Februar 2025

 
 

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