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Aktualisiert: 17. Okt.

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Oft oder grundsätzlich stellen wir uns vor, dass das Leben mit der Geburt beginnt und dann im Durchschnitt mit 84 Jahren endet.

 

Alles was dazwischen stirbt, ist unfassbar und darf nicht sein. Zu gross ist der Schmerz, zu gross die Enttäuschung, das Leben nicht gelebt haben zu dürfen. Die Realität ist jedoch, dass wir als Menschen in diese Welt geboren werden und irgendwann wieder sterben. Wann und wie weiss niemand.


Doch wir erheben den Anspruch ein "ganzes" Leben leben zu können. Klagen an, wenn dies nicht so ist. Wenn ein Kind geboren wird, dann tragen wir Verantwortung für ein Lebewesen. Die Beziehung zum Kind kann sehr verbunden sein und erfüllend für Eltern.


Es braucht Fürsorge und Vorbilder. Es braucht Nähe und Liebe. Es braucht Zärtlichkeit und Unterstützung, um seine Wurzeln zu stärken und zu wachsen. 


Es begann mit der Geburt meines Sohnes als ich mich mit dem Sterben seines Papa auseinanderzusetzen begann.

 

Jeder Tag war ein Kampf. Ein Kampf gegen das Leben. Gegen das Loslassen. Irgendwann ist er jedoch unweigerlich da.


Der Tod und mit ihm die Veränderung.

 

In diesem Zustand als Mama wirst du dir irgendwann bewusst, dass dein Kind seinen Papa bald verlieren wird. An einer unheilbaren Erkrankung. Du weisst nicht, wie lange es gehen wird. Wie alt dein Kind sein wird.


Du gehst durch einen Prozess der Verzweiflung, Wut, der Trauer, der Ohnmacht, des Unverständnis, der Hoffnung, der Einsamkeit aber auch der Freude, der Liebe und des Glücks.


Niemand da, dem du dich anvertrauen kannst, der dir mit seiner Präsenz und Reife zuhört, Fragen stellt, die dich stärken und weiter tragen. 


Ein Mensch der dich sieht und ernst nimmt, was du schon lange in deiner Intuition weisst. Doch da ist nur das Schönreden, nicht wahrhaben wollen, verdrängen und wegsehen, was du im Aussen finden kannst.


Dann entwickelst du deine eigene Strategien. Du hältst aus, vertraust in das Leben, gestaltest dir dein Leben so, dass du fähig sein wirst, die Existenz aufrecht erhalten zu können, wenn der Papa deines Sohnes stirbt. Voller Liebe bereitest du dein Kind auf diesen Moment vor.


Alles ist auf diesen Tag ausgerichtet. Und du weisst, irgendwann ist er da.

 

Der Tod.


Das Handy klingelte an einem Montag im September 2024 um 7.40 Uhr.

 

Ich schaute auf das Display und las:“Dialyse“


Ich atmete tief ein.


Ich hörte eine Stimme sagen:“Er ist heute nicht gekommen und wir erreichen ihn nicht."


Die Uhr tickte an der Wand während ich einen Zettel und einen Stift zur Hand nahm. 


Darauf schrieb ich meine nächsten Schritte.


Ich bedankte mich.


Simon and Garfunkel sangen aus dem Lautsprecher meines Autos während ich auf der Autobahn zur Wohnung des Vaters meines Sohnes fuhr.


Wir hatten alles vorbesprochen wie es sein wird, wenn der Tod an seine Seelentüre klopft.


Dass die Türe offen ist, dass ich ihn finden werde. In seinem Bett. 


Ich drückte die Klingel.


Nichts.


Dann drückte ich die Türklinke nach unten und rief nach seinem Namen. Nichts.Daraufhin betrat ich die Wohnung. Erblickte das Schlafzimmer und sah ihn da liegen.


Auf dem Bett.


Nicht mehr atmend.

 

Tot.


Ich hielt meinen Zettel in der Hand nachdem ich mich vergewisserte, dass der Papa meines Sohnes tot vor mir lag.


Friedlich eingeschlafen nach einem Einkauf im Coop. Die Tasche noch nicht ausgepackt. Die Früchte noch wartend in der Tüte.


Und dann der Gedanke an meinen Sohn. Es war Montag und er endete für ihn mit dem Flötenunterricht um 17.20 Uhr. 


Mein Gedanke war: Wie um Himmels Willen sage ich dies nun meinem  8 jährigen Sohn? Und niemand da, den ich anrufen kann und der mir dies beantwortet. Mein Umfeld überfordert. Mit sich selbst beschäftigt.


Keine Telefonnummer die ich wählen konnte......


Autorin

Tanja Eberle

16.10.2025

 
 

©2024 Tanja Eberle Erstellt mit Wix.com

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