Vielleicht irritiert dich dieser Titel. Mich irritierte, dass ein WC-Deckel es vermag, meine spirituelle Entwicklung aufzuzeigen. Seit 10 Jahren lebe ich nun in «meinem» Haus mit diesem WC-Deckel von einer bekannten Marke. Vor 2 Wochen beschloss ich, ihn in Rente zu schicken. Also suchte ich im Internet nach einem neuen WC-Deckel. Da gab es verschiedene Sorten; Subway 2.0, Subway 9M55S1, Subway 3.0 mit Absenkautomatik, WC-Deckel 9M55Q101. Ich führe das hier jetzt nicht weiter aus. Aber es gibt noch mehr solcher Typen an WC-Deckel.
Auch das messen von Hand der WC-Schüssel und die Masse im Internet brachten mich nicht weiter. So entschloss ich mich, mich direkt bei der Firma zu melden, bei dem der ursprüngliche WC-Deckel von der Sanitärfirma vor 10 Jahren bestellt wurde. Ich sendete ein Foto der Offerte mit Angaben und mit dem Wunsch, mir doch denselben WC-Deckel zu senden. Dies führte dann die Firma auch prompt aus.
Meine Freude war gross.
Ich musste mich nur an die «richtigen» Leute wenden und bekam mein gewünschtes Produkt.
Nach ein paar Tagen erhielt ich diesen WC-Deckel per Post, packte ihn mit Vorfreude aus und machte mich ran an das demontieren des alten WC-Deckels. Das war dann etwas kompliziert, da ich sehr schlecht an die Schrauben kam. Ich musste auf dem Boden seitlich liegend und mit verrenkten Armen hinter die Toilettenschüssel greifen damit ich an die Schrauben kam. Irgendwann hörte ich ein klirrendes Geräusch. Die Schraube hatte sich gelöst und viel auf den Boden. Leider konnte ich sie nicht sehen noch fand ich sie suchend mit den Händen. Sie war weg. Ich dachte mir: «Egal, ich brauche sie ja nicht mehr, diese Schraube.» Er war weg, nun konnte der neue seinen Platz einnehmen. Schachtel ausgepackt, Schrauben drauf. Ich setzte den neuen auf die Schüssel drauf. Also ich wollte. Drückte, schob, schaute. Dann ein: »Scheisse nein, das darf nicht wahr sein. So eine Scheisse aber auch.» Ich begann mich zu ärgern. Die Abstände stimmten nicht. Es war nicht der richtige WC-Deckel.
Wieder eine Email an die Firma, dann ein Telefongespräch und dann nochmals ein Foto senden der damaligen Offerte mit der Auftragsnummer und da war er; der Fehler. Es war nicht der Subway 2.0 sondern ein Subway 2.0 extra Ausführung.
Scheisse kommt in diesem Text oft vor. Irgendwann war mir dieses Scheisse und ärgern jedoch peinlich. Peinlich deshalb, weil ich mich von einem WC-Deckel aus der Ruhe bringen liess. Aus meiner Mitte. Aus meinem Frieden. Dann dachte ich mir:» Da hast du es, deine spirituelle Entwicklung. Sie scheitert an einem WC-Deckel!». Demütig nahm ich diese Erkenntnis an, dass Wissen und Praxis zwei unterschiedliche Dinge sind und sich nicht immer spielend verbinden lassen.
Deshalb übe ich mich nun in Demut im Wissen, das Wissen alleine nicht ausreicht, um zu Erkenntnissen zu kommen. Es sind die Erfahrungen verbunden mit dem Wissen was einem als Menschen spirituell wachsen lässt. Dabei kann ein einfacher WC-Deckel plötzlich ein spiritueller Lehrer sein.
Autorin Tanja Eberle
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